Diese Reise ist schon wieder viel zu lange her, wir traten sie im September 2005 an. Gebucht haben wir eine Reise in Gruppe bei Wikinger "Kappadokien - Märchenland aus Stein". Und haben nicht nur die traumhaften Erosionsformationen Kappadokiens gesehen, sondern auch malerische Landschaften, Gebirge und fruchtbare Täler und vor allem historische Stätten aus 3000 Jahren Geschichte.
Den nachhaltigsten Eindruck allerdings hinterließen die freundlichen Menschen und der für uns krasse Gegensatz zwischen Stadt- und Landbevölkerung, zwischen westlich orientiertem Wohlstand und purer Armut der Wanderarbeiter und Dorfbewohner im östlichen Landesteil. Wir mussten fest stellen, daß wir vorher nichts über dieses schöne Land und seine Menschen wussten.
Die Etappen unserer Tour
Sonntag, 11.09.2005, Anreise: Chemnitz - Leipzig - Antalya
Montag, Antalya - Serik - Manavgat - Alanya - Gazipasa - Anamur
Diesntag, Anamur - Silifke - Tarsus - Antakya
Mittwoch, Antakya - Nurdağı - Gaziantep
Donnerstag, Gaziantep - Birecik - Sanliurfa
Freitag, Sanliurfa - Adıyaman - Nemrut Dagi - Eskikale - Gaziantep
Samstag, Gaziantep - Kahramanmaras - Kayseri - Avanos
Sonntag, 18.09.2005, Avanos - Mustafapasa - Soğanli Vadisi - Avanos
Montag, Avanos - Nevşehir - Kaymaklı - Ihlara-Tal - Avanos
Dienstag, Avanos - Göreme - Ortahisar - ... - Avanos
Mittwoch, Avanos - Ortahisar - ... - Avanos
Donnerstag, Ballonflug - Avanos - Sultanhanı - Konya
Freitag, Konya - Beysehir - Yalvac - Dinar - Pamukkale
Samstag, Pamukkale - Antalya
Sonntag, 25.09.2005, Abreise: Antalya - Leipzig - Chemnitz
Reisebericht unserer Rundreise Türkei
Der erste Tag: Antalya - Anamur
Unser erster Tag in der Türkei. Wir sitzen im Reisebus in Antalya und warten auf die Abfahrt, es ist kurz nach 8 Uhr und es ist warm. Der erste Eindruck von Antalya sind Hochhäuser - Wohnhäuser, breite Straßen, Baustellen, Verkehr, Wassertanks auf jedem Hausdach.
Wir fahren von Antalya nach Anamur, das sind ca. 300 km die Mittelmeerküste entlang. Nach kurzer Strecke halten wir in Aspendos. Eine alte Steinbrücke aus dem 13. JH, Teile eines römisches Äquadukts und das Theater von Aspendos gibt es zu bestaunen. Das Theater von Aspendos soll das besterhaltendste antike Theater von Kleinasien sein, es wurde um 170 n. Chr. erbaut , die Seldschucken nutzten es später (13.JH) als Karawanserei und hielten es so instand. Es wird auch heute noch für Konzerte genutzt und bietet 15.000 Zuschauern Platz.
Es geht weiter der Küste entlang. Wir fahren durch ein Gebiet mit unzähligen Hotelhochhäusern und "Sardinenbüchsen"- Stränden. Kurz vor Anamur liegt das antike Anemurion - eine teilweise erhaltene römisch- byzantinische Kleinstadt. Wir streunen in den Ruinen umher. Manche Gebäude, wie eine der Thermen, sind in ihrem Zweck noch zu erahnen. Einige Kilometer weiter klettern wir bei tiefstehender Sonne durch die Mamure Kalesi, eine Burg aus dem 3.JH n. Chr. Die Seldschucken setzten im 13. JH eine Moschee und ein Bad dazu. Im Dunkelwerden geht's ins Hotel in Anamur.
Anamur - Antakya
Heute fahren wir weiter am Mittelmeer entlang nach Antakya, fast bis zur syrischen Grenze, ca. 500 km Fahrstrecke. Wir sind zeitig, schon 7.30 Uhr !, losgefahren. Schon nach kurzer Fahrt erreichen wir Silifke. In der Nähe befinden sich die Karstdolinen Cennet ve Cehennem - Paradies und Hölle. Die erste Grotte "Paradies" ist begehbar. Wir die 450 Stufen hinab. Allerdings ist es da unten eher kalt, nass und dunkel - wenig himmlisch. Wieder oben im Tageslicht genießen wir Tee und einen Imbiss, dessen Namen ich vergessen habe (sehr dünne Fladen mit einer Füllung aus Frischkäse und Kräutern).
Die Fahrt geht weiter. Ein kurzer Halt für den Blick bzw. das Foto auf die Mädchenburg = "japanischer Halt", und weiter geht es zur Stadt Tarsus. Tarsus hat nicht nur Hochhäuser und breite Straßen, sondern auch eine Altstadt mit ausgegrabener altertümlicher Badeanstalt, Läden, Bars, Barbier und neugierigen Kindern. Viele der alten Häuser sind verfallen. Wir machen einen kleinen Rundgang - geführt von unserem Reiseleiter Nuri. Wieder im Bus fehlen dann erst einmal zwei Mitglieder unserer Gruppe. Sie hatten versucht auf einer Post ihre Postkarten abzugeben, haben noch Hilfe von Einheimischen bekommen, aber ihre Karten sind sie nicht losgeworden.
Tarsus ist umgeben von vielen Zitronenhainen. Wir fahren nun durch die Ebene bei Andana, vorbei an abgeernteten staubigen Flächen (Getreide vermutlich), Feldern mit Mais, Plantagen mit Zitrusfrüchten, Olivenhainen und später Baumwolle auf riesigen Feldern. Wenn es nach mir ginge , würde der Bus wahrscheinlich nie am Ziel ankommen, denn man müsste an jeder interessanten Stelle zum Fotografieren anhalten. Jedoch geht es nicht nach mir, und so schieße ich viele Fotos durch die Fensterscheibe des Busses. Murat, unser Busfahrer hält die Scheiben vorbildlich sauber, jedoch ist der Bildvordergrund meist durch die Bewegung unscharf und immer ist ein Mast im Bild :-(
Antakya - Gaziantep
Wir fahren zum alten Hafen von Antakya - Çevlik-Samandağ. Hier startet unsere erste kleine Wanderung in und um den Titus-Kanal - "Titus Tüneli". Er wurde erbaut, um das Wasser eines Gebirgsflusses von der Hafenstadt fern zu halten, wegen der Versandung des Hafens und immer wiederkehrender Überschwemmungen. Der Hafen versandete jedoch trotzdem und wurde aufgegeben. Heute ist auch kaum Wasser im Tüneli. Der Kanal wurde ca. 6m in den Felsen gehauen, teilweise ist er oben offen. Drin ist es gegenüber den 30 Grad "draußen" schön kühl. Man kann statt hindurch zu gehen auch oben über den Berg wandern. Wir gehen über den Berg und kommen an einer alten Begräbnisstätte Kaya Mezarlari, eine in den Tuffstein gehauenen Kirche, vorbei und wandern in ein schönes Tal mit gut gelegenem Ausruhplatz. Eine sehr schöne Wandergegend, aber Karten oder markierte Wege gibt es laut Nori nicht. Auf dem Rückweg sind wir mutig und gehen durch die finsteren 100m im geschlossenen Teil des Tüneli hindurch.
Mit dem Bus geht es zurück nach Antakya. Dort angekommen fallen wir in ein von Nori empfohlenes Restaurant ein. In Ermangelung von Sprache wird an der Theke auf das Gewünschte gezeigt, der Chef notiert, wir können uns setzen und bekommen serviert. Lammstücke mit Reis, Pommes und Kartoffelbrei, oder so was wie warme Sülze mit Gemüse eingewickelt in Aubergineblättern, Tomatenreis und Fladenbrot sowie Wasser mit Zitronenstücken und Minzeblättern und noch viel zu scharfe Peperoni. Alles geht rasend schnell und sehr zuvorkommend. Das Restaurant scheint zu den besseren zu gehören, die anderen Gäste sind sehr ordentlich gekleidet und die Preise sind bestimmt relativ hoch. Alles in allem für 3 Personen zu 30 YTL (neue Türkische Lira), das sind ca. 20 €.
Wir schlendern etwas duch den Basar und besuchen ein Archäologisches Museum in Antakya. Aus ausgegrabenen historischen Teilen der Stadt sind viele große Fußbodenmosaike, zwei Sarkophage - einer sehr gut erhalten aus Marmor, Geldmünzen, Töpfereien und Grabbeigaben ausgestellt. Jetzt geht es mit dem Bus weiter nach Gaziantep. Wir fahren durch eine fruchtbare Ebene zwischen den Bergen rechts (Südosten), die schon in Syrien stehen und links die Berge des Nur Daglari. Die weiten Baumwoll- und Maisfelder werden nun abgelöst von Oliven und Wein. Vorbei geht es an großen Lagern von Wanderarbeitern - Zeltstätten mit Hund und Huhn, ganze Familien in einfachen Zelten ohne Strom und Wasserversorgung. Sie ernten die Baumwolle und sicher auch alles andere was geerntet werden muss, rote Paprika werden geschnitten und auf großen Planen in der Sonne getrocknet. Weiter in Richtung Nordosten wechselt die Landschaft in hügelige Steppe, einige Schafherden, vereinzelt Kühe. In Gaziantep - auch eine Millionenstadt - erdrückend viel Verkehr, Lärm und Abgase.
Gaziantep - Sanliurfa
Heute geht es von Gaziantep über Birecik und Harran nach Sanliurfa.(240km)
Viele Städtenamen sind zusammengesetzt, z.B. Gaziantep kommt von der Stadt Antep mit dem Beinamen Gazi. Gazi bedeutet "Sieger / Überlebender eines Kampfes", Sanliurfa = Stadt Urfa plus Sanli = ruhmvoll. Die Einwohner haben ihre Städte von den Franzosen zurückerobert. Das war zu Atatürks Zeiten, nach der Besetzung der Türkei nach dem 2. Weltkrieg (die Türkei gehörte zu den Verlierern). Andere von den Alliierten besetzte Gebiete hat Atatürk mit Unterstützung der Russen zurückerobert und die Grenzen der Türkei festgelegt. Atatürk wird hier ehrlich verehrt. Er hat Schulen aufgebaut, das neue Alphabet eingeführt (früher arabische Buchstaben), Analphabeten von 90% auf 40% gesenkt, Stauseen errichtet und die Ebenen bewässert. (Bringt aber Konflikte mit Nachbarländern, da die Flüsse nun weniger Wasser führen und Klimaveränderungen befürchtet werden).
Wir schauen auf steppenhaftes leicht hügeliges Land, rostbraune Erde, Pistazienhaine. Zwei interessante Bücher machen im Bus die Runde: "Kappadokien - Wiege der Geschichte" ISBN 975-7334-00-6 und "Reiseführer Natur, Türkei" ISBN 3-405-14030-7. In Birecik angekommen besuchen wir eine Aufzuchtstation für den Ibis oder Waldtrapp (ein schwarzer Reiher). Die Vögel hier sollen die letzten ihrer Art sein. Sie sind leider nicht wirklich zu sehen, da sie ca. 20m entfernt in einem großen Gehege untergebracht sind. Jedoch dafür, dass sie später vor Menschen fliehen sollen, kommen wir ihnen dann doch sehr nahe. Der breite Fluss hier ist der Euphrat. Nicht weit von uns eine der wenigen Brücken, in den 50er Jahren erbaut. Malerisch spiegeln sich die angrenzenden Berge im Wasser, eine Kapernpflanze zeigt uns ihre schönen großen Blüten.
In Sanliurfa essen wir in einem Kaufhaus zu Mittag und fahren weiter nach Harran. Harran liegt ziemlich nahe der syrischen Grenze.
Ausgrabungen fanden Siedlungsreste von vor 3.000 Jahren vor (!) Christus. Noch zu erahnen sind Stadtmauern mit Toren und Zitadelle. Die Attraktion sind die Lehmrundhäuser = Trullis. Die heutigen Bewohner des Dorfes benutzen die Trullis nicht mehr bzw. nur noch als Lagerraum. Die Menschen wohnen in neuen Häusern, diese haben allerdings nicht mehr die guten klimatischen Bedingungen wie die Lehmhäuser, deshalb sieht man hier auch oft die Betten (Doppelstockbetten aus Metall) draußen vor dem Haus stehen. Die Trulli- Bauten sind die älteste Kuppelhäuser- Architektur der Welt. Harran soll außerdem die erste Universitätsstadt der Welt gewesen sein.
Als wir in Harran ankommen, wird der Bus sofort umringt von ca. 10 Kindern, die etwas verkaufen wollen oder betteln. Wir schauen uns die alte Festung, d.h. die Ruine davon an. Im Teezelt gibt's Çay. Nuri erzählt von dem Mädchen neben ihm, das nun nicht mehr in die Schule geht, sie war in der 5. Klasse. Jetzt kommt kein Lehrer mehr ins Dorf und ihr Vater meint, es sei nun genug Schule für ein Mädchen. Nun bettelt sie Touristen an. Ein junger Mann (vielleicht 17 Jahre alt) arbeitet in der Teestube, er erzählt (er erzählt es Nori, wir verstehen ja nichts) dass er Geld sparen muss, um ein Mädchen heiraten zu können (d.h. er muss sie von den Eltern freikaufen). Zum Glück haben wir eine Tüte Malze für die Kinder mit.
Die Straße von und nach Harran ist eigentlich nur eine huckelige Dreckpiste, eine neue Straße ist zwar im Bau, dauert aber offensichtlich noch länger. Die Gegend - die Ebene um Harran - ist heiß und staubig, da wo bewässert wird ist sie fruchtbar. Wir huppeln weiter nach Sanliurfa - natürlich auch eine Millionenstadt. Sanliurfa ist total vom Verkehr verstopft und vernebelt.
Wir schauen uns die Halil Rahman Moschee und den Basar an. Der Basar ist ein Gewirr von Gassen, vollgestopft mit kleinen Läden und Werkstätten (meist nur 4m x 4m klein) in den Erdgeschossen der Häuser. Hier wird nicht nur so ziemlich alles verkauft sondern auch vieles hergestellt. Es gibt Fleischer, Obstläden, Bäcker, Stoffverkäufer, Schneider (live mit Nähmaschine), Läden für Töpfe und Geschirr, Schmiede mit Werkstatt, Auto- und Mopedteile, Elektronik und Fernseher, Telefon usw. , Schmuck, Öfen und Heizungen, Schreibwaren, Schulbekleidung, Schuhladen, Schuhputzer, Teestuben usw. usw. Durch den Smog kämpfen wir uns zum nicht weit entfernten Hotel.
Sanliurfa - Nemrut - Gaziantep
Die Reise geht heute von Sanliurfa am großen Atatürk- Stausee vorbei zur Stadt Kahta, weiter hinauf auf den Berg Nemrut Dag und schließlich zurück nach Gaziantep.
Wir müssen schon um 6 Uhr losfahren! Es geht westlich am Atatürk Stausee vorbei, wir überqueren wieder den Euphrat - der hier und heute Firat Neri heißt. In Kahta kaufen wir uns Essen fürs Mittagspicknick und steigen in Kleinbusse um. Diese bringen uns auf einer mit "Katzenköpfen" gepflasterten kurvenreichen und steilen Straße zu einem kleinen Parkplatz mit Teestube, Souvenirstand und sauberer Toilette. Von dort führt ein ebenfalls gepflasterter Fußweg den Berg Nemrut hinauf zum Totentempel des Antiochos I.
Vor einem riesigen Steinhaufen - dem Tumulus - liegen große Steinköpfe von Mensch, Adler und Löwe. Die steinernen Menschen stellen die Männer der Familie des Aniochos I. dar. Die Köpfe gehören auf die Schultern riesiger Steinfiguren, die auf Thronen sitzend in einer Reihe die schöne Aussicht in Richtung Osten genießen. Rings um sie herum sind Steinplatten mit Reliefdarstellungen der Uhrahnen aufgestellt. Im Tumulus wird die Grabkammer von Aniochos I. vermutet, jedoch wurde bisher nichts Entsprechendes gefunden. Auf der Westseite des Berges ist eine ähnliche Anlage mit großem Steinaltar. Hier wurden vor über 2000 Jahren Feste für das Volk gegeben. Wir steigen nach Picknick und Teepause wieder in die Kleinbusse und fahren weiter.
Bilder und Informationen zur Nemrut Geschichte findet Ihr auch unter folgenden Link:
THE INTERNATIONAL NEMRUD FOUNDATION
Auf der Fahrt sehen wir auf einem anderen Berg den Karakus Tumulus, hier standen je drei Steinsäulen mit Adler, Löwe und Relief. Wir halten bei der Ahnengedenkstätte Eski Kale, bestehend aus Kulthöhle und einem großen Relief mit dem Abbild von Antiochos und Herakles sowie einer gut erhaltenen Tafel mit Inschriften. Auf dem Weg nach Gaziantep machen wir noch "japanische Stops" bei Yeni Kale - einer mittelalterlichen Burg hoch auf einem Felsen - und an der Cendere- Brücke - eines der besterhaltensten Denkmäler aus der römischen Zeit.
Wir halten in einem kleinen Dorf zur Teepause. Hier sind wir die Attraktion des Dorfes. Die Teestube ist etwas überfordert bei so vielen Gästen, es werden Stühle zusammengetragen und Tische besorgt, bald gibt es Çay. Um uns herum versammeln sich die Kinder , hinter den Fenstern schauen neugierige Menschen hervor.
Gaziantep - Avanos
Es geht von Gaziantep nach Avanos, eine lange Fahrstrecke, fast 500 km. Nach ca. 100 km erreichen wir Kahramanmaraş. Der Beiname Kahraman bedeutet "tapfer", die Stadt ist sehr alt, ihre Gründung soll bis 3000 Jahre v. Chr. zurückliegen. Wir legen eine Pause ein und schlendern durch einen Basar der Stadt. Von Kahramanmaraş weiter nach Nordwesten wird es wieder bergig, wir überqueren das Taurusgebirge. Zwischen den Bergen steppenhafte kleine Hügel, lockerer Baumbestand, Pistazien, Oliven, Pappeln, Zedern, abgeerntete Felder (Getreide, evtl. Mais) und ab und zu ein kleiner Flusslauf. Und Dörfer mit kleinen viereckigen Häusern mit richtigem Dach, nicht mehr diese "abgeschnittenen Hochhäuser" wie bisher.
Nach langer Fahrt gibt es einen Halt in Kayserı, eine moderne Stadt, eine Industriestadt (Schwerindustrie, Autos, Traktoren, Textilindustrie). Kayserı war früher eine Handelsstadt, es gibt viele Hochschulen aus dem 12. und 13. HJ. Wir besuchen ein archäologisches Museum, in dem u.a. die ersten Briefe zu sehen sind - Tontafeln mit Schrift in Ton eingehüllt, damit es nur der Empfänger liest. Und noch ein Fotostop beim Döner Kumbet - das ist ein Mausoleum einer seldschuckischen Prinzessin (nichts zu essen ;-). In der Dämmerung kommen wir in Avanos an. Ein schöner Sonnenuntergang über dem Hotelpool begrüßt uns hier.
Endlich in Avanos, endlich in Kappadokien!
Unsere erste kleine Reise ins Land der Erosion beginnt. Zwischen Avanos und Ürgrüp liegt das Dervent Vadisi - das Dervent Tal. Das Tal war nie bewohnt und die Felsen nie behauen oder durchlöchert worden . Ein kleiner Wanderweg führt zwischen den wild erodierten Tuff- Formationen hindurch. Lässt man der Fantasie freien Lauf, sieht man Dinosaurier, Kamele, betende Mönche und Seeungeheuer.
Es geht weiter, vorbei an dem Ort Ürgüp zum "Tal der Tauben". In dieser Gegend haben die Menschen früher vorwiegend in den Tuffstein eingelassenen Wohnhöhlen gelebt. Der Tuff erodiert jedoch stark und die Wohnungen werden baufällig und gefährlich. Heute werden neue Häuser gebaut, oft aus Tuffid - das härter gepresste Tuffgestein. Tuffid hat die selben guten Klimaeigenschaften und sieht außerdem sehr schön aus. Die Tuffhöhlen sind nun vorwiegend Lager für Obst und Kartoffeln (immer 10 - 12 Grad). In der Gegend wird viel angebaut. Wir haben Wein, Äpfel, Kürbisse, Kartoffeln, Kohl, Rüben und Erdnüsse gesehen.
Es gibt mehrere sogenannte Taubentäler, der Taubenmist war früher überaus wichtig für die Düngung der Felder. Deshalb wurden Taubenställe in die Felswände geschlagen und der Mist gesammelt. Wir fahren zum Soğanlı Tal. Bevor es auf zur Wanderung geht, trinken wir Tee in einem traumhaften Apfelgarten am Restaurant. Das Tal kostet Eintritt. Wir gehen einen mit Weiden und Pappeln bestandenen schmalen Bachlauf entlang. An den Hängen wachsen locker einige Bäume zwischen den Tuffsteinsäulen und -kegeln. In vielen Felsen sind Taubenschläge und Lagerhallen eingehauen. Diese sehr schöne Wanderung führt uns zu einem Höhlenkloster und mehreren Höhlenkirchen. Wieder zurück gibt es ein lecker Mittagessen im gleichen schönen Apfelgarten.
Auf dem Rückweg schlendern wir durch den Ort Mustafapaşa. Nori zeigt uns eine kleine schöne Pension unter türkisch- englischer Leitung. Für entspannende ruhige Urlaubstage in dieser Region scheint sie ideal geeignet. Zurück in Avanos im Hotel, diesmal ein 4* Hotel, erfrischen wir uns im Pool. Dann gibt es wieder ein schmackhaftes Abendbrot vom Buffet in der "Bahnhofshalle". Dieses Hotel hat guten Standard, große Zimmer, sauber, hell, jedoch einen Hang zur Massenabfertigung. Es sind auch sehr viele Busreisegruppen hier, der Speisesaal ist mit raumlangen Tischreihen bestückt, durch die vielen Leute und das Gedränge inkl. Lärm drängt sich der Vergleich mit einer vollen Bahnhofshalle geradezu auf. Für heute Abend haben wir uns in Urgrüp Biere gekauft und werden sie auf dem Balkon in aller Ruhe leeren.
Klimatisch ist diese Gegend bedeutend angenehmer als die bisher besuchten Regionen, die Temperaturen liegen tagsüber nur noch bei ca. 25 °C und es kühlt nachts ab auf vielleicht 15°C, klare Luft ohne Abgase und Staubbelastung, kein Stadtlärm, keine Mücken - man kann nachts getrost das Fenster öffnen - einfach ideales Urlaubsklima :-))
Unsere heutige Kappadokien- Runde führt uns zuerst an Nevşehir vorbei. Nevşehir bedeutet Neustadt, und hat eine schöne Altstadt auf einer Anhöhe daneben.
Der nächste Ort ist eine verlassene Höhlenstadt bzw. die Aussicht darauf vom gegenüberliegenden Hügel. Das Dorf musste in den 50er Jahren verlassen werden, da es durch Erosion und Erdrutsche einsturzgefährdet ist. Unser Bus hält an einem Souvenirladen mit gewebten Kissenbezügen und Decken und allen möglichen anderen Sachen. Davor verkaufen Frauen bunte Tücher aus Baumwolle mit Perlen umhäkelt.
Wir fahren weiter zur unterirdischen Stadt in Kaymaklı. Die unterirdischen Städte, von denen es in Kappadokien viele gibt, sind komplett in den Tuffstein gegraben worden. Sie gehen bis 10 Stockwerke tief und sind mit ihren Räumen, Tunnels und Belüftungsanlagen wie Labyrinthe aufgebaut. Riesige runde Verschlusssteine können ein Eindringen von außen verhindern. Man nimmt an, dass sie zu Zeiten der arabischen Überfälle errichtet worden sind. In Kaymaklı sind 4 Stockwerke begehbar und an den Wänden sind Lichter und Pfeile angebracht, so dass man sich nicht mehr verlaufen kann. Wie an jedem touristischen Ort ist auch hier ein kleiner Basar angesiedelt.
Ein Stück weiter nach Westen lädt der Grand Canyon von Kappadokien, das Ihlara- Tal, zu einer schönen halbschattigen Wanderung ein. Es gibt hier viele Höhlenkirchen, sie stammen aus den 6. bis 8. JH unserer Zeit, die meisten sind später im 13./14. JH innen verputzt und mit christlichen Malereien geschmückt worden. Zum Teil hat die Erosion Teile der Kirchen oder deren Zugänge abgetragen, und auch durch Zerstörungen (Glaubensänderungen) sind gerade die Malereien beschädigt worden.
Heute Abend schauen wir uns die Tanzenden Derwische, Mönche des Malavi- Ordens, an. Atatürk hatte die Kloster und Moscheen als Wohnort der Mönche abgeschafft, in heutiger Zeit sind die Mönche "ganz normale Menschen" mit Beruf und Familie. Die Tanzvorführung findet in einer schönen alten, restaurierten Karawanserei statt. In der einstigen Kamelschlafstätte sind Bankreihen um eine kleine Bühne in der Mitte aufgestellt, der Raum ist nur durch Fackeln beleuchtet, langsam schreiten die Derwische herein, Musik ertönt, der Tanz beginnt. Sehr meditativ und sehr beeindruckend!
Wir fahren in den kleinen Ort Ortahisar, nicht weit von Avanos entfernt. In mitten des Ortes steht ein völlig durchlöcherter Tuffsteinfelsen. Früher war dies eine in den Fels gehauene Burg. Wir klettern auf die Felsenburg, teilweise geht es im Inneren gehauene Stufen hinauf teilweise sind Leitern und Befestigungen in verfallenen Bereichen angebracht. Wieder unten kaufen wir im kleinen Markt Wasser, Bananen und Sesamkringel für unsere Wanderung. Der Weg führt uns zum Nachbardorf Iprahimpaşa, wir gehen durch verzauberte Landschaften, nach jeder Kehrung des Weges sieht die Landschaft anders märchenhaft aus und unser Reiseleiter Nori verzweifelt an den viel zu langsamen Fotografen. Am Ziel erwartet uns eine wohlverdiente Teepause.
Wir fahren weiter nach Göreme, unterbrochen durch einige "Japanische Pausen" an Aussichtspunkten auf die typische kappadokische Gegend. Das Göreme- Freilichtmuseum ist ein ganzer Komplex von Höhlenkirchen. Früher was alles hier unterirdisch, heute ist der Tuff soweit abgetragen, dass zwischen den Tuffbergen ein parkähnliches Gelände angelegt werden konnte bzw. musste. Hier in Göreme wurde mit Unterstützung der Unesco viel Aufwand zur Erhaltung der Kirchen und Malereien betrieben. Es sind wunderschöne Malereien aus dem 13./14. JH zu sehen, einige Kirchen haben sogar noch die ursprüngliche symbolhafte Bemalung aus dem 6.-8. JH.
Wir fahren weiter nach Avanos, um dort eine Töpferei zu besuchen, es gibt eine kleine lustige Show vom Meister. Anschließend dürfen wir uns die Werkstätten ansehen, dann geht es natürlich in die Verkaufs- bzw. Ausstellungsräume inkl. Kaufanimation ;-) Alles sehr sehr schöne Stücke, mühsam und präzise in Handarbeit gefertigt und deshalb leider auch ziemlich teuer. Am Abend sitzen wir mit einigen aus unserer Gruppe noch auf ein Bier in der Loby des Hotels.
Gleich nach dem Frühstück eine schöne Wanderung von Ortahisar durch das Kizilçukur Vadisi (Kizilcukur Tal) nach Çavuşin. Der Weg führt uns wieder an wunderschönen Formationen, Höhlen und Felsenkirchen vorbei. In diesem Gebiet sind die Tuffschichten rosa, gelblich, grünlich und schneeweiß, zwischendrin leuchtet das frische Grün der Obstbäume und Weinreben. Es ist unsere Abschiedstour von Kappadokien. Schade.
In Çavuşin angekommen rasten wir im "Green Motel", einer neu aufgebauten Pension, noch sehr schlicht - fast spartanisch sind die Zimmer, jedoch gibt es sehr gemütliche Sitzecken in türkischem Stil und eine wunderschöne mit Weinstöcken überwachsene Terrasse. Genau dort machen wir Picknick und trinken den für uns nun schon zur Gewohnheit gewordenen schwarzen Tee.
Wir fahren wieder zurück nach Avanos, um eine bekannte Teppichknüpferei zu besuchen. In einem großen Raum sitzen vielleicht 12 Frauen an den Webstühlen - wir dürfen zuschauen und bekommen Erklärungen. Die Qualität der Teppiche unterscheidet sich einmal durch das Material (Schafwolle, Baumwolle oder Seide) und zum anderen durch die Anzahl der Knoten je cm². Die Frauen arbeiten an einem Teppich mehrere Wochen bis einige Jahre. Es wird viel Wert auf die Qualität gelegt. Bei der Arbeit an den feinen Seidenteppichen ist 40 min Arbeit 20 min Pause normal. Es ist sowieso absoluter Wahnsinn, das Muster von den millimeterpapierähnlichen Vorlagen zu erfassen, die richtige Fadenfarbe zu wählen und das ganze in dieser Geschwindigkeit zu verknoten.
In einem Nachbarraum können wir uns die traditionelle Methode der Seidengewinnung anschauen - vom Töten der Larven über das Auffädeln der Seidenfäden (ca. 30 Kokons ergeben einen Faden). Weiter geht es in den Show-Room. Es gibt je nach Gusto Wein, Tee, Apfeltee oder Raki mit Mocca. Dann beginnt die Teppich-Show. Es werden feinste Seidenteppiche präsentiert, dann Schlag auf Schlag Wolle und Baumwolle verschiedenster Knüpfdichten. Alle kommen übereinander auf den Boden, bis eine wunderbar weiche und bunte Schicht liegt. Jetzt kommt der Auftritt der Verkäufer ... einige aus unserer Gruppe leisten sich ein schönes Stück.
Avanos - Konya
Noch vor dem Aufstehen geht es zur Ballonfahrt über die Felsen von Kappadokien bei Sonnenaufgang. Der Abflugort ist nur ca. 15 min Autofahrt vom Hotel entfernt. Als wir endlich in den Ballon klettern dürfen ist es 6:15 Uhr und schon ein wenig hell. Wir haben von den 14 Ballons einen ganz und gar dunkelblauen erwischt, ein Riesending für 20 Passagiere. Kaum merkbar hebt der Korb vom Boden ab und schwebt langsam im Richtung Göreme. Leider weht der Wind in den oberen Luftschichten in die falsche Richtung und wir sind zum "Bodenkriechen" verdammt. Wir fahren (ein Ballon fliegt nicht!) über Kürbisfelder und die Sonne hebt sich über die kleine Bergkette im Osten. Die Landschaft wird geflutet von gelbem Morgenlicht.
Leider ist nach knapp einer Stunde die Fahrt schon zu Ende. Der Pilot landet den Korb gekonnt auf einer kleinen Anhöhe. Der Ballon bleibt für eine weitere Fahrt in der Luft, doch wir müssen einer nach dem anderen mit den neuen Fahrgästen tauschen. Nun müssen wir schnell zurück zum Hotel, um mit den Nichtfliegern in der "Bahnhofshalle" zu frühstücken. Dann beginnt unsere lange Weiterfahrt nach Konya.
Der erste Zwischenstopp ist bei Askadi an einer Ruine einer Karawanserei. Die nächste Karawanserei ist die Sultanharni, diese ist sehr gut erhalten und die Besichtigung kostet Eintritt. In einer stillen schattigen Ecke im Hof des Gebäudes sitzend, kann man sich leicht vorstellen, dass Kamelkarawanen hier vorbeiziehen und rasten.
Der nächste Haltepunkt ist am Höhlensee Kizlarobrugu. Wieder eine Karawanserei- Ruine. Dahinter liegt ein kreisrunder leuchtend blauer See, eine sogenannte Einsturzdoline. Vor der Ruine treffen wir auf eine freundliche türkische Familie, alle (4 Erwachsene, 3 Kinder und 2 Babies) finden Platz in einem PKW. Sie kommen ebenfalls an diesen Ort, um sich den See anzusehen und posieren für unsere Kameras.
In Konya angekommen, besuchen wir das Museum im Mevleviyye Kloster oder Mevlana Museum. Es befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Derwischklosters des Mevlana- Ordens. An dem einstmals schlichten Gebäuden wurde über die Jahrhunderte immer wieder neue Moscheen, Türme und Grabstätten angebaut, das heutige Aussehen stammt aus dem 16. JH. Wir durchqueren prunkvolle Hallen mit den Sarkophargen der Prister des Ordens und von Mevlana selbst. Mevlana lehnte allerdings zu seinen Lebzeiten Prunk und Reichtum ab, er lebte sehr einfach. Ebenfalls zu sehen sind sehr alte Koranbücher und alte religiöse Schriften.
Unser Hotel liegt mitten in der modernen Millionenstadt Konya zwischen Hochhäusern an einer breiten Straße. In diesem Hotel gibt es keinen Alkohol, auch nicht für Touristen. Unserem Zimmer direkt gegenüber ist eine Moschee - wir werden es nicht verschlafen können, da der Muezzin zwischen 5 und 6 Uhr morgens zum Gebet rufen wird.
Konya - Pamukkale
Heute stehen wieder viele hundert km Busfahrt auf dem Programm. Es geht durch wenig besiedelte Ebenen mit Hügeln und Bergketten im Hintergrund.
Ein Stopp in Beysehir zur Besichtigung der Holzmoschee. Der Innenraum wird von riesigen Stämmen gehalten, die Wände zieren farbige Ornamente. Der Imam der Moschee ist da und singt für uns einfach so ein Gebetslied zum Lob von Alah.
Als wir dann wieder draußen vor der Moschee sind, versuchen die Frauen massiv, uns Handschuhe und Wollsocken zu verkaufen.
Es geht weiter. Ein Zwischenstopp zum Mittagessen, es gibt Döner auf türkisch. In einem kleinen Ort dann die Teepause, wir sitzen unter einer riesigen Platane inmitten vieler türkischer Männer, es sind kein Frauen zu sehen. Auch hier wurden die Häuser aus allen Steinen der Umgegend und aus ehemaligen Bauwerken verwendet - ein lustiges Bild. Die Ruinenstadt Antiocha von Pisidien liegt auf unserem Weg, ca. auf der halben Strecke. Hier ist wenig ausgegraben oder restauriert, Reste des Theaters, einer Kirche (!) , des Bades und des Äquaduktes sind zu erkennen und mit Plänen der ehemaligen Pracht bebildert.
Bei der Weiterfahrt kommen die ersten Gewitter- und Regenwolken des Urlaubs auf und geben uns ein schönes Wetterschauspiel.
Wir übernachten in einem großen Hotel in einem Nachbardorf von Pamukkale. Das Hotel ist schön , hat Innen- und Außenpool, Thermalbad und türkische Sauna. Allerdings verdirbt die penetrante Massenabfertigung das Feeling. Da in Pamukkale alles noch Baustelle ist (sagt Nori) müssen wir leider auf die Nachtbesichtigung verzichten. Es wäre schon schön gewesen, ohne Menschenmassen die angestrahlten Kalkterrassen zu sehen und zu fotografieren. Später am Abend machen die Gewitterwolken einem schönen Blick ins Tal mit seinen tausenden Lichtern der Ortschaften und den Sternen am Himmel Platz.
Pamukkale - Antalya
Wir fahren nach Pamukkale zur oberhalb der Kalkterrassen ausgegrabenen historischen Stadt "Hierapolis". Den Namen hat die Stadt vom König von Pergamon im 2. HJ v. Ch. Sie war wichtig und besaß zahlreiche Tempel, Theater und Bäder.
Wir haben kaum den Bus verlassen, schon werden uns wieder Tischdecken, Postkarten, Tücher usw. angeboten. Lastwagen und Bagger stehen herum und es wird gehämmert. Dies ist zwar zwischen den ehrwürdigen Ruinen befremdlich, soll aber einem guten Zweck dienen und die Sünden der nahen Vergangenheit - die Hotelbauten - beseitigen. Was jetzt entsteht ist eine parkähnliche Anlage und Kanäle zur gezielten Bewässerung der Kalkterrassen. Beseitigt ist schon ein Straße, die mitten durch die Terrassen ging - jetzt ist sie ein Fußweg, auf dem man barfuss den Berg hinunter laufen kann. Das Wasser, das aus den Quellen strömt, ist kalkhaltig und 36° warm, an der Luft fällt der Kalk aus und bildet die weißen Schichten und Tümpel.
Wir schlendern erst durch die Reste der historischen Ruinen. Das Theater ist noch am besten als solches zu erkennen. Unser Bus wartet unten im Tal und wir gehen ohne Schuhe vom warmen Wasser umspült durch die Terrassen.
Wir steigen ein und nehmen Abschied von Pamukkale. Die Fahrt geht erst durch weite Landschaft und dann über die Bergkette nach Antalya. Bei Sonnenuntergang treffen wir wieder in unserem ersten Hotel der Reise ein. Bei einem schönen Abendessen unter dem Sternenhimmel verabschieden wir unseren netten Reiseleiter Nori, der schon am Abend seine Heimreise antritt.
Es heißt Abschied nehmen. Je nach Abflugzeit fährt uns ein Kleinbus zum Flughafen und wir treten die Heimreise an.
Menschen, Moscheen und ...
menschen
Die Menschen in den Städten und Orten sehen in ihrer Kleidung sehr verschieden aus, von jungen Mädchen in Jeans und modern bauchfreiem Shirt, Frauen in westlicher Kleidung plus Kopftuch bis Frauen in langem Rock, langärmicher Bluse, bodenlangem Mantel und Kopftuch, wahrscheinlich je nach Familientradition. Sie sind mit Einkaufstüten und Kindern unterwegs. In den Teestuben und auf den Plätzen sieht man nur Männer rumsitzen und palavern, meist ältere. Die Schulkinder tragen einheitliche Kleidung: weiße Hemden und Blusen, Hosen oder knielange Röcke, nur wenige Schulmädchen sind verschleiert.
Außer in den absoluten Touristencentren (dort waren einige schon ganz schön genervt) sind uns die Menschen immer freundlich entgegengetreten. Viele wollten gern fotografiert werden, vor allem Kinder. Aber auch auf den Basaren posierten die Inhaber stolz bei ihren Waren oder Werkstätten. Wir wurden überraschend oft von Türken angesprochen, die schon mal in Deutschland, meist im Ruhrgebiet, waren oder sogar mehrere Jahre in Deutschland gearbeitet hatten und daher auch etwas deutsch konnten.
Moscheen
Überall fallen uns die vielen Moscheen auf, die "Kirchen" des Koran. Meist sind es Kuppelbauten mit ein , zwei, manchmal sogar 4 Minaretten (das sind die Türme, von denen früher der Muezzin zum Gebet rief - heute steht er unten und singt durchs Microfon, nur noch die Lautsprecher sind auf dem Minarett). Neben dem Muezzin, der 5 x am Tag zum Gebet ruft, das erste mal übrigens morgens kurz nach 5 Uhr, gehört zu einer Moschee der Imam. Er ist der Vorbeter, der bei den Gebeten die Gebetstexte des Koran predigt und Lobgesänge zu Ehren Allahs vorträgt.
Atatürk hat seinerzeit die Politik vom Glauben getrennt und den Glaubensverbreitern verboten, politische Themen zu besprechen oder darüber eine Meinung zu äußern. Das damalige geistige Oberhaupt - der Kalif, zog jedoch weiter durch das Land und predigte gegen Atatürk, Atatürk setzte den Kalifen ab und schickte ihn und seine Familie ins Exil nach England.
geld
Fürs Bezahlen in der Türkei scheint es einige Varianten zu geben, einmal wollen alle anscheinend lieber €, dann gibt es die YTL (neue Türkische Lira) - die erst ab 2005 bestehen (1 € ca. 1,6 YTL), vorher die TL (Türkisch Lira) = 1YTL = 1.000.000 TL. Lustig finde ich, dass die neuen 1 YTL auf Geldmünzen der 2€ geprägt sind. Für 1 YTL haben wir Scheine und Münzen, für die 1Mio TL nur Scheine gesehen. Einen 10Mio Schein hatten wir auch mal, ansonsten nur die neuen Scheine (5YTL, 10YTL, 20YTL, 50YTL), Kleingeld heißt Kurus [Kurusch], da gibt es von den neuen den 1er (gaaanz selten), 5er, 10er, 25er und 50er. Von den alten TL haben wir gesehen den 100er (entspricht den 10 Kurus) und 250er, wahrscheinlich gibt es die anderen auch noch. Jetzt ist allerdings mittlerweile der EURO eingezogen...
Derwische
Semâ - Das Tanzritual der Derwische
KOMME IMMER WIEDER.
EGAL WAS DU BIST,
EIN UNGLÄUBIGER, DER DAS FEUER ODER EINE STATUE ANBETET,
AUCH WENN DU SCHON HUNDERTEMALE DAS BUSSGELÖBNIS ABGEGEBEN HAST
AUCH WENN DU DAS GELÖBNIS HUNDERTEMAL GEBROCHEN HAST.
DAS IST NICHT DAS TOR DER HOFFNUNGSLOSIGKEIT.
KOMM' SO WIE DU BIST. "
(GEDICHT VON MEVLÂNA CELÂLEDDIN RUMÎ, LEBTE VON 1228 BIS 1273 )
Der mehrtägige Aufenthalt in Avanos ermöglichte es uns, an einer Semâ, dem Tanzritual der Derwische des Mevlevi-Ordens, teilzunehmen. Das mystische Flair der alten Karawanserei "Sari Han" (um 1238 errichtet) ist ein idealer Ort, um dieses alte Rittual zu zelibrieren. Wir fühlten uns gedanklich um Jahrhunderte, in die Zeit des Seldschukischen Reichs, zurück versetzt. Die Darbietung der Semâ war echt faszinierend und weckte mein Interesse, mehr über diese Kultur zu erfahren. Dies führte mich zu Mevlanâ, einem bedeutenden Philosphen und Mystiker des 13. Jh. und damit zum Mevlevi Orden ins Kloster von Konya.
Die Orden der seldschukischen Zeit besaßen verschiedene Ausprägungen hinsichtlich der Interpretation der Religion und des Verständnisses zu Gott. Die Rituale waren teilweise sehr einfach, um schnell den Weg zu Gott zu finden. Andere Orden wiederum wählten einen komplizierteren Ritus, um Gott zu erreichen. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert wurden neue Orden gegründet, um die feindlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Orden beizulegen. Im Grunde genommen waren die neuen Orden nur eine Art Ableger der alten Orden, aber besaßen einen friedlicheren Charakter und machten hinsichtlich der Konfession nur wenig Unterschiede. Mit der Gründung der jungen türkischen Republik ließ Atatürk 1924 alle Klöster und Orden schließen, da die damit verbundenen Rituale offensichtlich nicht zum Charakter des neuen türkischen Staates passten. Erst Mitte der 50iger Jahre des 20. Jahrhunderts durfte das Semâ-Ritual wieder in der Öffentlichkeit aufgeführt werden.
Die Aufführung der Semâ-Zeremonie, in "Sari Han", dauert etwa 45 Minuten und besteht aus mehreren Teilen, wovon jeder seine eigene Bedeutung hat. Im Verlaufe des Rituals stellen die Derwische (auch Semazen genannt) mittels Rezitationsgesang, Musik und Tanz eine Verbindung zu Gott her. Begleitet wird diese Zermonie von der Mutrıp, einem kleinen Semazen-Orchester.
Leider war das Fotografieren während der gesamten Zermonie verboten. Um sich den im Folgenden beschrieben Ablauf der Semâ besser vorstellen zu können, sollte man sich die Fotos der Zeremonie auf der WEB-Seite von "Sari Han" anschauen. Außerdem sind auf dieser Seite auch Anzüge der Semâ-Musik abgelegt.
Der erste Teil der Semâ beginnt mit einem Rezitationsgesang der die Lobpreisung des Propheten und die Liebe zu Gott zum Ausdruck bringt. Mit diesem Gesang werden der Prophet, alle vorhergehenden Propheten und Gott selbst, der alles erschaffen hat, gelobt.
Nach diesem Lobgesang hört man im zweiten Teil einen "Küdüm" (kleine Trommel) Schlag. Dieser Trommelschlag symbolisiert den Befehl Gottes zur Erschaffung des Kosmos (im Koran Suren 36, Vers 82 steht dazu sinngemäß: Wenn Gott ein Ding will, lautet sein Befehl nur: - Sei! - und es ist ). Im dritten Teil hört man das Flötenspiel der "ney" (Rohrflöte). Mit diesem Spiel wird der göttliche Atem dargestellt, der alle Dinge des Lebens erschaffen hat.
Der vierte Teil beinhaltet die dreifache Begrüßung der Derwische untereinander, augedrückt durch eine nickende Kopfbewegung. Dabei laufen die Derwische drei mal um die Tanzfläche. Dieser Teil der Zeremonie verkörpert die Begrüßung des geheimen Geistes mit dem Geist der Körper und wird von einer Musik begleitet, die mit "peshrev" bezeichnet wird.
Zu Beginn des fünften Teils der Semâ-Zeremonie legen die Semanzen ihren schwarzen Derwischmantel ab und gehen der Reihe nach auf den Şeyh (Scheich = Chef der Derwische) zu, küssen seine Hand und bitten damit um Erlaubnis tanzen zu dürfen.
Danach nehmen die Semanzen ihre Tanzhaltung ein und beginnen sich mit offenen Armen und geschlossenen Augen nach links um die eigene Achse zu drehen. Dabei ist der Kopf leicht nach rechts geneigt, der rechte Arm ist in Richtung des Himmels gehoben, der linke Arm schräg nach unten zur Erde gerichtet. Die Bedeutung dieser Tanzhaltung soll darin liegen, dass die Arme eine Verbindung zwischen Gott und den Menschen herstellen und damit die von Gott erwiesenen Wohltaten an das Volk weitergereicht werden. In diesem Teil der Zeremonie durchleben die Semazen eine spirituelle Reise zu Gott.
Dabei überschreitet der Mensch die Grenze seines eigenen "Ich's" , gelangt zur Vollkommenheit und kehrt als jemand, der Reife und Ganzheit gefunden hat, zurück. Damit verbindet sich die Fähigkeit des Semazen zu lieben, der Schöpfung mit all seinen Geschöpfen zu dienen, unabhängig vom Glauben oder der Rasse der Menschen.
Der Şeyh beobachtet den Tanz der Semanzen und nimmt für das Publikum unbemerkt Korrekturen vor, wenn die Tanzordnung verletzt wird. Indem er seine Augen bzw. die Augenbraunen bewegt, mahnt er den Tänzer, die Ordnung wieder herzustellen. Dazu öffnen die Tänzer hin und wieder kurz ihre Augen.
Der sechste Teil der Semâ beginnt mit dem Vortragen von Versen aus dem Koran. Im Suren 2, Vers 15. steht sinngemäß: Allah ist überall. Von welchem Ort auch immer ihr euch hinwendet, ist die von Allah gebotene Richtung. Gewiß, Allah ist allumfassend und allwissend. Im letzten und siebten Teil der Semâ werden Gebete für den Frieden der Seelen der Propheten, Märtyrer und für die Menschen gesprochen. Die Semâ wird mit einen Gebet für das türkische Land beendet.
Nach Abschluss des Rituals erhielten alle Gäste im Innenhof der Karawanserei ein warmes zimthaltiges Getränk. Viele Besucher standen in Gruppen zusammen und tauschten ihre Eindrücke aus. Die Stimmung der Menschen war wohl noch nachhaltig vom Erlebnis der Semâ-Zermonie geprägt.
Damit ging für uns wieder ein erlebnisreicher Tag in Kappadokien zu Ende.